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Worte im Gepäck
von Marc P Sahli >>
Kann man aus Worten aussteigen, Worte verlassen? Angelernten und liebgewonnenen Vokabeln Lebewohl sagen?
Vielfach ist mir dies passiert. Unbefriedigte Neugierde auch: „Ich werde dieses Land wohl verlassen haben, ohne Akup gefragt zu haben, was eigentlich Gotschaiev Sary auf seinem Teppich heisse.“ Ich hatte auch Libyen verlassen, ohne nach der Schatthälfte von Worten gefragt zu haben. Sprachmelodien sind dem Vergessen anheim gefallen. Somit werden auch albanische und serbische Ausdrücke verdorren. Andere werden wohl nachwachsen, vielleicht sogar in grün. Zart wachsen auf altem vergessnem Gestrüpp; Fuss fassen werden sie wieder, gegossen durch Erinnerungen. Die einzige Konstante ist wohl das Bern-Deutsche, woran ich mich halten kann – eine Sprache als Heimat. Gerade kürzlich habe ich einen kosovarischen Advokaten an einem Cocktailempfang getroffen. Uns verband eigentlich absolut nichts, ausser dass ich ihn, den Vertreter eines Schweizer Geschäftsmannes, in der Botschaft begrüsst hatte. Am Empfang hatten wir uns plötzlich köstlich amüsiert und haben in libyschen Erinnerungen geschwelgt. Er war somit das Wasser für meine dorren Erinnerungen, obwohl sein Libyen rund 15 Jahre älter als meines ist. Wir konnten uns nur libysch-arabische Ausdrücke an den Kopf werfen und wir mussten schenkelklopfen vor lauter Lachen. „Fi mangiaria? Mafish mushkila!“ Und so weiter. Für manche Ohren einfach 2 Sätze für uns Erinnerungen an liebgewonnene Ecken, Plätze und Sprachfetzen. Bilder und Gerüche tauchten auch wieder im Innern auf. Wir hatten wohl beide einen glasigen, zufriedenen Blick mit einem Dauerlächeln aufgesetzt. Die umherstehenden Leute hätten unser Verhalten nicht verstanden.Es heisst ja ein Bild sagt mehr als tausend Worte, aber manchmal stehen hinter einem Wort auch tausend |
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