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Kurzgeschichten > Wahre Geschichten
Dreißig Jahre sollte es dauern, bis ich diese archetypische Erfahrung wieder machen durfte. Nur war sie nicht mehr so unberührt, etliche Lese- und Lebenserfahrungen, schöne, verführerische, quälerische, lagen dazwischen.
Eine Begegnung in der Schweiz setzte mich auf die Fährte von Marlen Haushofer. Mir war bekannt, worum es in der Wand geht, aber erst das Wortfürwortlesen macht es so ungeheuerlich, so ansteckend, so leuchtend. Zunächst einmal war ich irritiert von der unterkühlten Aufrichtigkeit und überrascht von der Einfachheit dieser Geschichte, die mit dem geringsten Aufwand an Handlung und Personal, ganz ohne Spektakel auskommt: Eine namenlose Frau überlebt allein in einer Hütte in den Bergen, eingeschlossen von einer unüberwindbaren Wand aus Glas, hinter der es kein Überleben gibt. Es gibt also keine Menschen mehr. Nur zu Tode Erstarrte, denen keine Zeit mehr zum Entsetzen blieb. Das schlimmstmögliche Szenario ist über Nacht eingetreten. Keiner weiß wodurch, keiner weiß warum und wie es zur Katastrophe kam. Nur mit sich allein, einer Kuh, einem Hund und einer Katze muss die Frau im Wald überleben, sich und die Tiere versorgen. Der Archetyp des einsamen Jägers, des sich freiwillig in die Natur zurückziehenden starken Mannes bekommt eine Nebenbuhlerin in Gestalt einer Durchschnittsfrau Anfang vierzig, die plötzlich und ohne Zutun in dieses Schicksal geworfen wird. Um nicht den Verstand zu verlieren, schreibt sie alles auf in unerbittlicher Selbstbeobachtung. Sie notiert die täglichen Widrigkeiten, die täglichen Verrichtungen, den täglichen banalen Wahnsinn, der das Überleben bedeutet: Holz hacken, Erdäpfel jäten, Wiese mähen, Acker umstechen, Stall bauen, das Butterfass auf die Almhütte bringen und so weiter.
So schreibt sie die Wahrheit, da niemand
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