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Kurzgeschichten > Philosophie

Blutige Semantik

von Marc P Sahli >>

Letzthin habe ich einem Mörder die Hand geschüttelt, wie man mir wohlweislich erst später sagte. Wie wäre meine Reaktion gewesen, hätte ich von dieser Einzelheit bereits vor der Begrüssung gewusst oder gleich unmittelbar danach? Hätte ich den Herrn eventuell nicht gegrüsst, oder hätte ich mich übergeben? Manchmal ist es gut, nicht zu viele Details zu wissen und zu hinterfragen. Wie viele Menschen hätte ich nicht begrüssen können, nur weil sie Frau und Kinder schlagen, sich sonst amoralisch, verwerflich verhalten oder eben gar ein Mörder sind? Sicher in einer ähnlichen Lage war Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg mit der Entnazifizierung. Gut wissen wir nicht, wieviel Blut bei oberflächlicher Betrachtung überall klebte; Details zu vergessen kann wichtig sein. Wichtig, um mit Tatsachen überhaupt umgehen zu können. Ja, gar zu überleben. Ahnungslosigkeit, auch sprachliche, kann manchmal kommod sein. Den Blick nicht auf Einzelheiten zu richten, nicht auszuleuchten, ja gar den Sinn und Zweck einer Sache nicht in Vollständigkeit verstehen zu können oder zu wollen. Gestern hat eine Bettlerin mir vermutlich in Romanes etwas hinterher geschrien. Ich frage mich, also zu genau und detailversessen will ich nicht sein, wenn es ein Fluch war, wirkt er nun nicht, wenn ich ihn nicht verstanden habe? Jedenfalls möchte ich das jetzt nicht analysieren wollen. Bern, 24.10.2017 © Marc P Sahli


24. Oktober 2017
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