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Sedimente und Sternschnuppen
von Marc P Sahli >>
Im alten Lada fahren wir auf eisglatten Strassen nachts von irgendwo nach nirgendwo. Ich weiss nicht, was ich zum Fahrer sagte; ich versuche zu vergessen. Das monotone Motordröhnen legt sich in mein Ohr wie ein Kinderlied vorgetragen von meiner Mutter vor Dezennien. Im nächtlichen Schneetreiben ist Moskau ein friedlicher Planet. Vor uns ist scheinwerfererleuchtetes Schwarz und die Schneeflocken fliegen ein Muster an die Windschutzscheibe schweifähnlich wie Sternschnuppen. Jede Flocke ist wie eine Erinnerung an frühere Tage – Moskau, Tripoli, Prishtine. Sie fliegt vorbei oder klatscht an die Scheibe, schnell; kontrollieren kann ich es nicht. Schnee schmilzt. Die Scheibenwischer bilden den quietschenden “beat” zum Treiben. Schneeflocken schwirren wie meine Gedanken, doch ein Echo verschluckt schneeisoliert, was das Dunkel um uns zu uns sprach. Schneeflocken tauen irgendwann, Erinnerungen auch. Sedimente im Schmelzwasser zum Bach, Fluss, See und Meer. Früher oder später bilden sie Land.
10. Dezember 2013 |
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