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Kurzgeschichten > Menschen
nehmen. Sie wird es nicht, ich werde es nicht zulassen." Der Schwindel überkommt ihn erneut. Es ist ein schwüler Julitag und draußen fliehen die Wespen in den Englischen Garten. Das kleine Dachfenster zu öffnen hat keinen Sinn. Lamech muss an die Luft und stürmt mit letzter Kraft die steilen Stufen des alten Mietshauses hinunter. Erst im kellerkühlem Erdgeschoss, wo seine glühende Haut sich blitzartig zusammenzieht und sich die Haare auf seinen Armen zu erheben beginnen, schwindet die stockende Schwüle seines Kopfes. In der gegenüberliegenden Marienkirche erfrischt er seine Stirn mit süßem Weihwasser und ruht sich auf einer Gebetsbank aus. Es ist Beichttag. Und ohne große Anteilnahme beobachtet er die alten Frauen, wie sie hinter dem schweren Vorhang am Beichtstuhl verschwinden, unverändert nach wenigen Minuten wieder hervorkriechen und sich zum Gebet begeben, vor den Bänken bekreuzigend niederkniend mit einem Ernst in den Gesichtszügen, der Lamech neidisch werden lässt. Aus seiner Hosentasche zieht er die Macht des Schicksals, eine Ouvertüre Verdis hervor, wie er sie seit Tagen mit sich herschleppt und versucht im Geist die walzerförmige Unruhe dieses sanftmütigen, barmherzigkeitsreichen Stückes erklingen zu lassen. Aber nichts will ihm gelingen. Die Einsätze versäumt er und springt all zu oft zu den vordergründigen Streichern. "Anfängerfehler! So weit ist es schon. Bald muss ich wieder von vorne her, von den Tonleiterübungen beginnen, als wäre nichts gewesen." Er stopft die Seiten zurück in die Tasche, sieht ängstlich um sich während er in die zähe Wand des Sommers tritt. Der Staub der ästhetischen Stadt klebt an allen Dingen, die dort sind. Im Schatten
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