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Kurzgeschichten > Menschen

Heroingeschichten oder Meines Bruders stille Zeit

von Atala >>

Ich habe ein Foto von uns als wir noch Kinder waren. Du warst viel kleiner als ich, ein Bündel Leben, das in ein Tuch passte. Etwas krumm stehe ich neben der Holzbank vor unserem Haus mit meinem Sonnenblumenkleid. Ich halte dich mit meinen dünnen Gliedern fest umklammert. Du warst etwas zu schwer für mich, mein gequältes Lachen bezeugt es. Meine Eltern hatten bedenken mir dich zu geben, sie befürchteten ich könne dich nicht tragen. Doch ich wollte es unbedingt. Mein gequältes Lächeln ist auch ein stolzes Lächeln. Ich hätte das Foto mitnehmen können, es hängt bei mir an der Wand. Doch bei mir hängt es so schön und ich brauche es vielleicht mehr als du.

Ich habe auch einen Film von uns. Auf dem bist du grösser, man hört dein Lachen, es ist schrill und laut. Ein warmer Sommerabend in unserem blühenden Garten in dem du herumrennst. Das Gras reicht dir bis zur Hüfte und mir zu den Knien. Ich esse ein Eis und du willst auch etwas abhaben. Du bittest und bettelst und versuchst an mir herauf zu springen. Ich halte das Eis hoch in die Luft mit gestreckten Armen und gestreckten Zehenspitzen. Manchmal sehe ich mir das Video an und denke mir, wie glücklich wir damals ausgesehen haben.

Heute komme ich dich besuchen, Mutter sagt, pass auf, ein Gewitter ist in Anmarsch.

Die Strasse zu dir geht alles bergauf, mein alter Wagen macht fast nicht mit. Der Rückweg geht besser, denke ich mir und bin doch nicht erleichtert. Man sieht hier die Berge viel deutlicher, stumm und gewaltig ragen sie in den Himmel und sind dunkler als die Nacht. Du magst die Berge nicht, sagst du manchmal am
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