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Kurzgeschichten > Liebe

Lucile III.

von van Hengel >>

einen Tag später
Gestern Abend fühlte ich mich leer, im Begriffe, mich aufzulösen, oder war ich schon aufgelöst? Ich fühlte mich, als sähe ich zu, dass mich irgendeiner ausradiert, und es blieben von mir nur Radiergummikrümel übrig. Das soll gar nicht traurig klingen, obwohl ich es ein wenig bin. Die Sehnsucht nagt an mir.
Ich denke nur noch an den Tag, an dem ich André wiedersehen werde. Die Gedanken sind in die Enge getrieben, von Ohnmacht umzingelt; vielleicht wissen sie keinen anderen Ausweg, als sich auslöschen zu wollen. Man hätte fast Mitleid mit ihnen haben können, wären es nicht meine eigenen gewesen. Ich hielt es in meinem Zimmer nicht mehr aus; weder der Fernseher noch irgendein Buch noch ich selbst wussten mit mir was anzufangen. Die lange Zeit – zehn Tage, bis ich André wiedersehen werde – schoss mir wie ein Wasserfall, der plötzlich eine Staumauer durchbricht, ins Gesicht. Ich war wie vom Blitz getroffen, spürte das Zerbrechen und Zerreißen der Schleimwände im Magen, der Herzklappen in der Brust, als André mir sagte, dass wir uns fast zwei Wochen nicht sehen würden, er müsse zehn oder elf Tage nach Dubrovnik verreisen, der schönsten Stadt der Welt. Schon dreimal sei er dort gewesen, jedes Jahr im April finde dort ein Physikerkongress statt, nur in diesem Jahr sei der Termin verschoben worden, wegen der Auswirkungen des Krieges zwischen den Serben und Kroaten. Sein Professor habe ihn auch in diesem Jahr gebeten, sein Referent zu sein und für die von ihm herausgegebene Spezielle Zeitschrift für Physik Verlauf und Ergebnis der Tagung festzuhalten (bei dem Wort Ergebnis habe sein Professor verschmitzt zu lächeln begonnen). Außerdem hatte André gesagt, wobei
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