Kurzgeschichten > Liebe |
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dem Ofen gesessen (ich glaube, mir war dauernd kalt) und mich von Zeit zu Zeit mit dem Rücken an seine Glastür gelehnt, es jedoch nie länger als eine halbe Minute ausgehalten; mir wäre sonst durch den Pullover hindurch die Haut verbrannt. Oft hast du mich gefragt, ob mir nicht warm genug sei und ob ich mich nicht lieber in den Sessel oder aufs Bett setzen wolle, was mich verwirrt hat. Erst später ist mir aufgegangen, dass ich deinem Blick im Wege gesessen habe. Du schautest so gerne ins lodernde Feuer, starrtest hinein, bis auch der letzte klare Gedanke verglüht war. Nie hast du gesagt, was du eigentlich wolltest; immer hast du nur stille Zeichen gegeben, die ich entdecken und entschlüsseln sollte.
Deine unerklärlich schlechte Laune war Zeichen der Unzufriedenheit mit meiner Unachtsamkeit. Was du von mir und von dir verlangtest, war eine Aufmerksamkeit, die man eine Dechiffrierung der Seele nennen könnte; sie sollte die unscheinbarsten leiblichen Wallungen lesen. Im gleichen Atemzug beklagtest du den Makel der Intellektuellen und meintest mich damit, nur weil ich mich für die Welt hinter der Welt interessiert habe, für das, was uns eigentlich interessiert, wofür wir jeden Tag aufstehen, oder was wir beim Aufwachen als erstes denken, die Lider noch verschlossen, oder was wir fühlen, wenn wir beleidigt werden, wie unser Ego schwimmt und taumelt – und meintest mit Makel, dass wir nicht normal reden würden.
Uns als was Besonderes betrachten, meine Güte, wir sind doch nicht wie Kühe auf der Weide, die saublöd aus ihrer schwarz-weiß gescheckten Wäsche glotzen und sich wundern, warum man sie für so blöde hält; einmal eine Kuh sein, dann hätte ich erst recht einen Makel an |
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