Kurzgeschichten > Liebe |
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denn irgendwann beginnt die Stunde, ab da man mit dem Kajalstift einen letzten müden Streifen Sonne aus sich hervorzuheben versucht, an eine Oberfläche, die nichts verbirgt – außer vielleicht sich selbst.
Sei mir nicht böse, ich weiß selbst nicht, warum ich so kompliziert denke, vielleicht ist das meine Art, vor der Realität zu fliehen, du kennst mich doch!?
derselbe Tag, eine Stunde später
Lucile,
spürst du, dass ich dich hierher erzähle, zu mir, wie ich mir einbilde, dass du hier vor mir sitzt, unter dem großen Kirschbaum (ich lege eine seiner Blüten ins Kuvert; vielleicht ist ihr Duft noch nicht ganz verflogen, wenn du den Brief und die Blüte in den Händen hältst), und dich die Sommerfliegen nerven, die auf deinen nackten Beinen herumkrabbeln, und wie du sie, ohne ein Wort darüber zu verlieren, mit dem Fuß und der Hand zu vertreiben suchst. Das erscheint mir wirklicher als das, was ich vermeintlich sehe, vermeintlich höre und rieche.
Ich erzähle dich hierher, zu mir, und biete dir eine Tasse Kaffee an. Ich weiß noch, ohne Milch, nur mit Zucker, zwei Teelöffel. Wie eine alte Frau habe ich damals gesagt, weißt du noch, und du hast dich jedes Mal geärgert. Wie eine alte Frau würde ich wieder sagen und spüren, dass du dich – obwohl, oder gerade weil du nur ein müdes Lächeln dafür übrig hättest – immer noch über diesen Satz ärgern würdest. Ich erzähle dich hierher, Lucile, zu mir. Ganz langsam steigst du aus dem Blatt Papier, stehst auf und gehst in die Küche, um etwas zu essen zu holen, einige Scheiben Brot, etwas Käse, vielleicht findest du sogar den Kaviar im Kühlfach und träufelst ihn auf, vielleicht kommst du auch nur mit etwas Gebäck, Keksen und |
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