Kurzgeschichten > Liebe |
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um dir zu schreiben, Lucile. Aber das ist es nicht allein. Denn nicht nur, dass wir gemeinsame Erinnerungen, die gleichen Vokabeln der Vergangenheit in uns aufbewahren, sondern vor allem das Gefühl, dass sich ein anderer für mich und meine Worte interessiert und nicht nur zuhört und mit dem Kopf nickt und ach und echt und boah sagt, veranlasst mich, dir zu schreiben.
Verwunderlich, findest du nicht?
Du glaubst gar nicht, wie meine Freunde mich langweilen (die meisten zumindest), wie sie in ihrer mühsam zurechtgezimmerten Welt (sollte man nicht besser Hundehütte sagen) ihre Tage und Nächte verbringen. Es macht mich traurig, mitansehen zu müssen, wie schnell sie sich zufrieden geben mit den Freuden eines Hundelebens, und schneller noch bemüht sind, ihren Leichtsinn abzutragen, den man in jungen Jahren gar nicht genießen kann, weil man das Gegenteil, die Müdigkeit und den Blutmangel der Begriffe, noch nicht am eigenen Leib erfahren hat. Ich spüre, dass ich ihnen nicht mehr folgen will und auch immer weniger bereit bin, sie verstehen zu wollen. Das Spielerische ihres Daseins schwindet mit jedem Tag. Ich höre in dem, was sie sagen, kaum noch etwas Eigenes. Ich schmecke in ihren Worten nichts Erfrischendes, nichts Fleischliches mehr. Niemand von ihnen versucht zu fliegen; denn für eine gelungene Landung gibt es keine Garantie! Wäre doch wenigstens einer unter ihnen, der Lokomotivführer oder Schauspieler werden wollte; nicht einmal das. Was bleibt, ist der unscheinbare (abwaschbare) Fleck vor dem Nichts. Ich glaube, so haben wir es früher immer genannt: der abwaschbare Fleck Leben vor dem Nichts. Weißt du noch … Und plötzlich beginnt man seinen Schminkkoffer zu vermissen, |
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