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Vorurteile sind der Tod des Zusammenlebens
von Marc P Sahli >>
Ein alter Taxifahrer in Moskau hat drei Mobiltelefone in Betrieb, dazu ein i-phone und zwei kleine i-pads, als ich einsteige. Er lacht verschmitzt und flucht, wie Taxifahrer fluchen. Vasiliy ist geschätzte 65-70 Jahre alt. Alte können doch mit neuen Technologien nicht umgehen? Ich habe Vasiliy mit einer Taxi-App gefunden! Seine Schapka sitzt schief und er fragt: kholodno?
“Ein Urteil lässt sich widerlegen, ein Vorurteil nicht”, sagte Marie von Ebner-Eschenbach. Oscar Wilde hält dagegen: “Reisen veredelt wunderbar den Geist und räumt mit all unseren Vorurteilen auf.” Ich reise und auch; ich habe trotz aller Offenheit leider Vorurteile. In der Moskauer Metro sitzen Leute diverser sozialer Hintergründe. Gegenüber ein Alkoholiker-Obdachlosenpärchen in dreckigen Kleidern, stinkend, mit roten Nasen, Schorf, die Augen nur halb offen. Daneben mit einem Sicherheitsabstand eine Dame mit Goldschmuck und im Pelzmantel. Ihr Gesichtsausdruck ist wie permanent nasenrümpfend. Vorhang auf! Auftritt eines Musikers oder Bettlers oder Bettelmusikers. Ihn zu definieren ist schwierig. Um die 40 ist er und hat eine elektrische Gitarre mit kleinem, tragbaren Verstärker dabei. Die Metrotüren schliessen und er fängt an zu spielen, eine wunderschöne, bekannte Melodie. Derweil geht er von hinten nach vorne im Wagon. Manche geben ein paar Rubel, meist Münzen. Zurück zu meinem Gegenüber. Wer gibt? Die Dame im Pelz? NEIN! Die obdachlosen Alkoholiker geben und zwar Papier! 50 Rubel, etwa 1.50 CHF.
_Schnitt_ bei mir zuhause gab es ein elektrisches Problem. Der Besitzer kam mit 2 Elektrikern, einem Serben und einem Moldawier. Kurz und gut: am Ende vermisste ich meinen Montblanc Kugelschreiber samt Hülle. Falsch gedacht, liebe Leserinnen und Leser: ich hatte ihn nur verlegt. Ein Freund von |
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