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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

Unbedarftes Minderwertiges

von Marc P Sahli >>

Heute begegnete mir ein Mann, ich weiss, viele Geschichten fangen so an, aber es war wirklich so, denn Begegnungen sind immer Lieferanten von Geschichten. Besagter Mann äusserte sich abschätzig über Arbeiten, die den intellekt nicht beanspruchen. Ich möchte hier nicht den Ausdruck „minderwertige“ Arbeiten verwenden, der Herr tat es bereits und er war mir auf Anhieb unsympathisch. Deshalb lass ich das sein. Es gibt keine minderwertigen Arbeiten. Was ist das Gegenteil davon? Ich überlegte eine Weile und kam eigentlich zu keinem Schluss…mehrwertige Arbeiten?
Ich kannte eine Frau, kannte: weil sie nicht mehr unter uns weilt, sie setzte ihrem Leben ein ende; ich kannte sie eigentlich nur oberflächlich. Sie arbeitete in einer Dennerfiliale als Aushilfe; schlechtbezahlte Arbeit, aber niemals minderwertig. Diese Arbeit ist mindestens so wich-tig, wie ausländische Minister zum Staatsempfang einzuladen oder hunderte von Aktien zu verschieben, Aktionäre zu befriedigen, wenn auch im kleineren gewirkt wird. Aber niemals ist es minderwertig, nur weils nicht die gleiche Tragweite, in welchem Sinne auch immer, besitzt. Das ist Rassismus im Erwerbsleben; ich möchte gar nicht an Wortschöpfungen erinnern, die auch mit minderwertig anfangen.
Solchen Menschen fehlt die Sensualität, die sie eigentlich an den Tag legen sollten, die man von ihnen erwarten muss und darf. Ich hatte schon Zehnfrankennoten, die sensibler waren; der Vergleich hinkt zwar ein wenig, ich weiss.
Die Denneraushilfe war auch immer für mich da mit ihrer Erfahrung und Sensibilität als Hausfrau mit praktischen Tipps. Das bewunderte ich an ihr und bin ihr dafür dankbar. Ich frage mich gerade, ob Einkommen ab einer gewissen Gehaltsklasse apathisch machen, unempfänglich, dicke Haut aus Geldscheinen aufgebaut?
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