Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches |
|
|
Skin
von RoterDrache >>
Wie jeden Morgen wachst du auf, doch heute ist nicht jeder Morgen. Heute ist alles anders. Langsam ziehst du dich an. Deinen dicken Pullover, denn es ist kalt draußen, dann deine Tarnhose. Du siehst dich im Spiegel an. Atmest noch mal tief durch, wischt dir mit deiner Hand über deine abrasierten Haare. Sie sind schon wieder ganz schön lang geworden, dass wird den anderen gar nicht gefallen. Du setzt dich aufs Bett, starrst auf deine Hände. Du zitterst, nicht vor Kälte. Viel mehr aus Angst. Du weißt, du musst es tun. Aber du hast Angst. Langsam ziehst du dir die Springerstiefel an, betrachtest dich erneut im Spiegel. Dein Mund ist trocken, du hast das Gefühl, als würdest du verdursten. Du greifst nach der Wasserflasche und trinkst. Als du sie wieder absetzt ist nichts besser, dein Mund ist genauso trocken wie vorher. Du fährst dir erneut mit der Hand über die Haare, früher hast du sie lang getragen. Früher… Bis du deine neuen Freunde kennen gelernt hast Unsicher gehst du durchs Zimmer. Immer wieder gehst du alles im Kopf durch. Du musst es tun. Du guckst aus dem Fenster. Es ist stockdunkel draußen. Gut um nicht erkannt zu werden. Gut um nicht gesehen zu werden und du willst nicht gesehen werden. Du ziehst dir langsam die Bomberjacke an. Du denkst drüber nach, wie es früher war. Sie haben dich fertig gemacht, haben dich ausgelacht. Aber jetzt nicht mehr. Niemand wird wieder lachen. Nie wieder. Dein Zittern wird nicht besser. Du versuchst zur Ruhe zu kommen und setzt dich wieder aufs Bett. Gleich kommen die andern. Dann gibt es keinen Weg mehr zurück. Dann musst du es tun. Wenn du es nicht tust, dann bist du bei den anderen unten durch. Du guckst in den Spiegel. Nie hättest du gedacht, dass du dir deine langen Haare mal abschneiden lässt. |
|
|
Seite
von 2 |
|
|
Kommentare (1) |
|