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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

Oder war früher alles besser?

von Marc P Sahli >>

Jahrzehnte ist es her, als ich bei Grosi und Grosspäpu an der Freiburgstrasse in Bern einen Teil der Schulferien verbrachte und ich erinnere mich, wie Grossvater grössere Mengen Ab-falls direkt in die Verbrennungsanlage am Warmbächliweg brachte. Ebenso entsinne ich mich an Industrieschneefall wegen des Drecks aus den hohen Schloten. Alles ist lange her und beinahe hätte ich es vergessen, vergessen weil die Erinnerungen nicht mehr gebraucht wer-den. Ebenso vergessen und glattgestriegelt wie andere Memoiren, die in der Aussage gipfeln: „früher war alles besser.“ Ja, stimmt, aber heute auch. In der nach dem Abbruch der Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) neu entstandenen Kulturbrache hat es nun Frosch- und Wasserläuferteiche, bepflanzte Kisten, haufenweise Sand und Steine als immenser Spielplatz für die Kinder. Ob und wie sehr der Boden der einstigen Kehrichtverbrennungsanlage verseucht ist, weiss ich nicht und ist mir auch ziemlich egal, ausser meinen roten Samtschuhen, die ich wohl besser nicht angezogen hätte, um am Kunstanlass „dessiner bizarre“ teilzunehmen, dann doch nicht zu zeichnen, sondern zu schreiben, und dabei an meine frühe Jugend erinnert zu werden. Im Areal werden bald Wohnungen entstehen, im nahen Schrebergarten, wo früher mein Grossvater einen Pflanzplätz hatte, auch, er wird deswegen aufgehoben und bei den Gärtelern aus aller Herren Ländern herrscht Endzeitstimmung, ihr Gärtlein soll dereinst Teer und Beton weichen. Bern muss wachsen, braucht Wohnraum. Ob das gut ist oder nicht, will ich nicht beurteilen. Wobei: eigentlich bräuchten wir mehr Gärten, weil momentan ja das sogenannte „urban gardening“ als Zukunftstrend propagiert wird.
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