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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

Grandhotel 2

von Marc P Sahli >>

In einer Kürzestgeschichte vor ein paar Jahren habe ich geschrieben, dass Stromunterbrüche fähig seien, neue Worte zu kreieren. Mit jedem Unterbruch weniger zu strahlen sei nicht gerade das Jahresziel gegenüber Belgrad. Nun etwa drei Jahre später und viele Stromunterbrüche seither, sehe ich die Leuchtschrift wieder. Nun heisst es – nur die leuchtenden Buchstaben gelesen: Gra.dhotel. Ich frage mich, ob wohl der von der EU und Ashton gepushte Dialog Kosovo / Serbien einen Einfluss hatte. Grad heisst „Stadt“ in Serbisch. Nein, natürlich nicht, nur macht es mir den Eindruck, weil die EU es durchgestiert haben will. Wie zwei Kinder im Sandkasten sich streiten, eine erwachsene Person dazwischen geht, sie an den Ohren nimmt und sagt: vertragt euch endlich. Was im Privatleben nicht mehr geht, ohne mit einem Advokaten Probleme zu kriegen, geht in der EU offenbar. Ich meine ja nur: gut Ding will Weilte haben. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in der Schweiz möglich sei!“, so ein Kommentar zum Film „De la Cuisine au Parlement“. Es geht ums Frauenstimmrecht in der Schweiz. 1971 auf eidgenössischer Ebene eingeführt; zuletzt auf kantonaler Ebene im November 1990 im Appenzell Innerrhoden, nur auf Intervention des Bundesgerichts. Zurück zu Kosovo: die Dialoggespräche zwischen Dacic, Thaqi und Ashton finden mit einem Übersetzer statt, der offenbar über keinen Wortschatz verfügt. Kommt dazu, dass aufgrund der Übersetzungen die Parteien und die EU weitgreifende Entscheidungen treffen. Thaqi könnte zwar Serbisch, weigert sich aber. Ans Resultat mag ich gar icht denken! Wer in der Diplomatie tätig ist, weiss, was ein falsches Wort am falschen Platz bedeuten kann. Nun: erzwingen und beschleunigen kann man nichts; das zeigt die Geschichte und es wird sich rächen.

28. April 2013
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