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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

diverse Ausformungen von Armut

von Marc P Sahli >>

Wann wissen wir, wann jemand arm ist? Ist es Anton Huser, 81, der sich die Wohnung nicht mehr leisten kann, seit seine Frau im Altersheim ist? Oder ist es Valon in Kosovo, der sich und seine behinderten Eltern mit dem Verkauf von Zuckeräpfeln durchschlägt? Heute habe ich zwei Situationen erlebt, wo sich Personen ungewollt als arm „geoutet“ haben. Es geschah an einem Filmfestival. Ich lud Schweizer Regisseure mit ihren kosovarischen Begleiterinnen zum Mittagessen ein. Die Begleiterinnen sind vom Festival angestellt, um sich um ausländi-sche Gäste zu kümmern. Meist junge Studenten und Studentinnen, die für 10 € im Tag die Ausländer begleiten und oft in der Kälte warten müssen. Die Begleiterinnen hatten offenbar noch nie ein Restaurant von innen gesehen. Mehr als Pizza, Hamburger, Flia* oder Sandwich kannten sie nicht; und assen auch nichts anderes hier, als sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten, wahrscheinlich waren sie zu scheu.
Später begegnete mir ein Filmregisseur aus Belgrad: Jovan. Wir sassen alle zusammen am Film-Apéro des Festivals. Freier Wein, Sandwiches und Wasser für alle. Ich beobachtete, wie ein Wassertropfen in seinen Schuhen versickerte. Offenbar hatte Jovan kein Geld für einen Imprägnierungsspray. Was regen wir uns über Anton auf? Die grosse Insolvenz wird in der Schweiz erst noch kommen. Viele Junge haben die Pensionskasse in Häuser gesteckt. Mitt-lerweile sind sie geschieden. Was haben die im Alter? Wohl kaum AHV; und die Pension steckt in der Immobilie, wovon jede Partei genau die Hälfte erhält, natürlich nachdem die Bankschuld beglichen wurde. In der Schweiz werden wir viele, sehr viele Fälle wie Anton haben. Obdachlos von heute auf morgen. Die Geschichte der Armut ist endlos und manchmal offensichtlich und zeitweilig versteckt. Geld haben und
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