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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

analog und digital verbrennen

von Marc P Sahli >>

In der Zeitung lese ich ein "pro" und ein "contra" zu Reiseführern in Papier. Ja, richtig altbacken romantisch tönt das "pro" zum Papier: getrocknete Blumen und Kassenzettel fänden sich zwischen den Seiten. Der Onlinejunkie hingegen kann das neuste In-Restaurant gleich anclicken und Zimmer im Hotel reservieren. Rationell und schnell seien Tablet und Smartphone und hätten unterwegs wortwörtlich gewichtige Vorteile. Ich finde, bei einem analogen Reiseführer schlappt nicht plötzlich die Batterie, und wer klaut schon Bücher? Handnotizen und Eselsohren sagen doch mehr als tausend Bookmarks und Zeichen auf einem Bildschirm. Was ist schon ein "like click" auf Facebook im Vergleich mit einem Kaffeefleck auf der Buchseite? Der Digitaljunkie nimmt den alten Reiseführer aus dem Bücherregal und freut sich, dass es Platz gibt. Er wirft ihn fort. Das Buch daneben kann er auch gleich mitentsorgen, schliesslich gibt es dieses online für den Kindlereader zu kaufen. Ordnung entsteht in seinem Bücherregal, eine keimfreie, leere Ordnung. Er vertraut sein Leben der digitalen Ordnung an, auch in sogenannten Datenwolken, clouds genannt. Weiss er, dass diese von Dritten ausspioniert und kopiert werden können? Ja, gelöscht werden können? Ich weiss: Bücherverbrennungen wird es wie vor achtzig Jahren keine mehr geben; heute reicht bei " unlike" bloss nur noch ein "shift delete".

16. Mai 2013
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