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Aus der Stadtchronik: Die Bestie von St. Gallen
von Sid Jayrond >>
1ster Eintrag: Es begab sich im Jahre des Herren 1629, im späten Frühjahr, den 10 des Monats Juno. Die Kälte des Winters war noch deutlich zu spüren. Ein Winter, der länger andauerte als er es eigentlich sollte, so wie es auch in den letzten Jahren gewesen war.
Ein schneidernder kalter Wind, in dem ein leichter Nieselregen beigemengt war, zerrte an seinem zerzausten und mit Flecken der verschiedensten Grösse und Herkunft übersäten Übermantel. Mürrisch schritt er an der geschwärzten Mauer entlang, wobei sich sein zerknittertes Gesicht, welches einer vertrockneten Brotkrume glich, jedes Mal wenn er sein Holzbein belastete, ein leichtes Zucken aufwies. Wie aus einer anderen, düsteren Welt hallten seine Schritte durch die menschenleeren Gassen. Wie so oft bei seiner letzten Runde, kurz vor Mitternacht, gab es auch bei dieser keine Menschenseele, die es gewagt hätte, den Schutz ihre scheinbar sicheren Häuser zu missen. Die Stadt lag still und in sich zurück gezogen zu seinen Füssen, wie ein krankes und ausgehungertes Wesen, das mit seinem Schicksal haderte.
Noch eine Runde, dacht Eberhard, den man Krume nannte, noch eine Runde und bei diesem Gedanke erklang der ersehnte Glockenschlag.
Als der letzte dumpfe Glockenschlag verhallte und er wieder einmal sein Holzbein belastete um mit einem leichten humpeln einen Schritt nach vorne zu machte, zerriss plötzlich ein markerschütternder Schrei die kalte Luft, welches das Blut in den Adern gefrieren liess…
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