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#50JahreFrauenstimmrecht
von Marc P Sahli >>
1984 stieg meine Mutter, damals 36, in die Gemeindepolitik ein, als erst zweite Frau seit 1971 im Dorfe. Sie, der vor 5 Jahren zugezogene, kurzhaarige «Pönk», so wurde hinter ihrem Rücken getuschelt, aus der Stadt Bern. Im Dorfe anzukommen hat bei ihr Jahre gedauert. Sie übernahm engagiert das Fürsorge- und Vormudschaftsressort. Damals in den 80-ern gab es in den Dörfern viel zu tun mit den geflüchteten Tamilen. Ich erinnere mich ganz knapp, wie ich sie hin und wieder begleitete und bei den Tamilen exotisches, scharfes Essen probieren durfte. Sie wurde Ende 1985 zum zweiten Mal schwanger, schenkte 1986 meinem Bruder das Leben und sie konnte weiterhin Politik betreiben, weil sie zuhause zwei helfende Männer wusste: meinen Vater und mich. Hauptsächlich mich. Ich gab meinem Bruder das Fläschchen, badete ihn, wickelte und so weiter und so fort; es kam aber mehr als einmal vor, dass ich in das Gemeinderatszimmer telefonieren musste und sagte: «Komm nach Hause, es geht nicht mit ihm!».
Warum sie, die den Männern problemlos Paroli bieten konnte, auch nach der Sitzung dann im Bären oder Rössli, 1989 die Gemeindepolitik unvermittelt aufgab, weiss ich nicht. Ihr sagte man nach, sie hätte Begabung für die Kantonalpolitik oder gar noch höher. Aber sie wollte das nicht. Zwar führte sie jahrzehntelang noch das Parteikässeli, aber zu mehr wollte sie sich nicht mehr bewegen. Irgendetwas hatte ihr die Lust an Politik und Freiwilligenarbeit vergällt. Meine Mutter, Haus- und Familienfrau und eigentlich durch und durch ein politischer Mensch. Eine bezahlte Teilzeiterwerbstätigkeit nahm sie erst 1992 auf, als mein Bruder sechs wurde und somit etwas selbständiger. Ich glaube damals gab es Kitas noch gar nicht.
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