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Kurzgeschichten > Geschichtliches

1909 oder das Asyl des armenischen Teppichs

von Marc P Sahli >>

Ein armenischer Teppich, liegt vor mir, seit vielen Jahren schon. Er ist geduldig. Manchmal liegt er im Gang, manchmal in einem Zimmer neben einem Kollegen aus Iran oder auch einem aus der Türkei. Meist aber ist er versteckt im Stapel mit anderen Knüpfereien.

Als ich ihn auf dem Moskauer Izmailovskij Markt kaufte, bei Jakup, dem Teppichhändler aus Dagestan, lebten Leute mit Jahrgang 1909 durchaus noch. Ich weiss noch, wie die Händler ihre Stände auf dem Izmailovskij Markt mit den grösseren Teppichen vertikal an Stangen trennten. Jeder einzelne hatte die beste Ware, die lauteste Stimme und die billigsten Preise…..maladoj tschelovjek, ‘alo, smatrri, otschin charroschije kavry, smatrri paschalsta….höre ich sie noch heute in meinen Ohren, die Marktschreier, die Händler, Russisch mit Akzent sprechend, sie eckiger und südlicher als ich, der als sprachlich germanisch-alemannisches Bleichgesicht die Worte zu weich ausspricht. Dass der Teppich einen Jahrgang trägt, 1909, hatte ihn damals auf dem Markt teurer gemacht, was ich aber mit meiner Feilscherei, die ich übrigens bei ebendiesen Trödelhändlern gelernt hatte, preislich wettmachen konnte.

Ein Bild schiebt sich mir in den Kopf: die alten, furchigen Gesichter der Turkmenenfrauen, die goldbezahnt lachten und denen ich mit meinem Charme die tollsten turkmenischen Jurtentaschen, die Ak oder Kizil Tschuwals, Chordschins usw. förmlich unter ihren Hintern wegriss und für ein Taschengeld abkaufte. Manchmal rochen sie noch nach Kamelmist, also die Textilien..

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