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Kurzgeschichten > Familie

Die Babyfinken

von Marc P Sahli >>

Ich freute mich sehr, als Merita, eine Bekannte, schwanger wurde. Eine junge, stolze werdende Mutter. Vielleicht etwas zu jung und erst kürzlich mit ihrem Mann zusammengezogen, wahrscheinlich um die Schwangerschaft zu legalisieren, das heisst, sie ist in das Haus seiner Eltern gezogen, wo sie nun zu sechst versuchten zu leben. Gestrickte Finken kaufte ich fürs erwartete Kind, welche Farbe weiss ich nicht mehr. Im vierten Monat leider stellte sich heraus, dass das Heranwachsende ohne Arme zur Welt käme. Seither sind sechs Jahre vergangen. Und erst jetzt schreibe ich das auf. Merita fragte mich damals, ob ich die umgerechnet hundert Franken für eine Auskratzete beim Engelmacher übernehmen könnte, viel Geld für die junge Familie und deren Sippe. Die Finken sind noch immer irgendwo bei mir. Bis jetzt konnte ich sie Merita weder geben noch entsorgen. Ich weiss auch nicht, ob sie seither schwanger war, oder überhaupt noch Kinder bekommen kann, ob die Ehe hielt, wie sich das Erlebte psychisch niederschlug. Wir verloren uns aus den Augen.
Die verlornen Kinder schweigen wohl, es bleibt das Dröhnen in der Seele der Beinahemutter, wie auch mir bleiben Selbstvorwürfe, für die ich irgendwann geradestehen muss. (Namen und Orte geändert), 14.04.2015

14. April 2015
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