Kurzgeschichten > Alltag |
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Wir das schräge Paar, inzwischen beide arbeitslos, wir trinken den ganzen Tag, nur aus Dosen. Die Dosen, wenn sie leer sind, stehen dann vor uns. Sie können, traurige Hohlzylinder, die Leere nicht ab. Sie hielten nicht still. Sie drehten sich uns zu und rissen die Augen auf.
Unsere Augen, diese Blechwunden vom Aufreißen. Als erstes suchte Claus, der Penible, die Laschen zusammen, die wir den Dosen beim Öffnen, saubere eingeprägte Vorritzung, abgezogen hatten. Wir stopften sie in die gähnenden Laschenlöcher. Die Dosen gaben keine Ruhe. So gehorchten wir ihrem Appell. Ich schnitzelte und riß, was weg konnte, Zigarettenschachteln, die Zeitung, in Stückchen. Alles säuberlich müllklein dosengerecht. Und Claus stopft feinsäuberlich alles in die ovalen Aufforderungs-, Gähn- und Verlang-Löcher der Dosen. Es tut uns wohl, wie alles verschwindet, unter Daumendruck und mit Fingerspitzengefühl. Wie es hineinpaßt in ovale Öffnung, diese Wunde, die wir Schlimmen ihnen Öffnen gerissen haben. Dieses Reißgeräusch mit Miniknall beim Herausreißen der Blechlasche! Dieses Kränken, dieses Besudeln des heilen Weißblechs!
Claus und ich, wir sind, seitdem wir dieses saugende Gefühl für Lücke haben, wacher als früher. Wir haben die Tugend des Beobachters, dem nichts entgeht. Wir sind anders als die andern. Aber sind wir okay? Kommt das von außen, was wir erleben? Oder drängt sich da in der Realität sich überhaupt nichts auf? Wir sind es doch selbst, die um sich greifen, die nach Eindrücken haschen. Ähnlich wie unser schizophrener Nachbarn, wenn er mal wieder Stimmen hört. |
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