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Winter
von S. S. >>
Sie wachte plötzlich auf. Zuerst war sie verwirrt. Sie sah sich um. Alles war in Ordnung, sie befand sich in ihrem Zimmer im Bett. Sie stand auf und ging zum Fenster. Der kalte Holzboden knarrte unter ihren nackten zarten Füssen. Vorsichtig schob sie den Vorhang beiseite, was sie sah lies ihren Atem stocken. Alles war in einen weissen Schleier gehüllt. Es war wunderschön. Diese Stille, diese unendliche Ruhe.
Als sie sich umdrehte um sich einen Pullover anzuziehen, blieb ihr Blick an dem uralten Spiegel, den sie von ihrer Grossmutter hatte, haften.
Sie betrachtete sich lange und schweigend. Es war das Bild einer jungen sehr zerbrechlich wirkenden Frau. Ein Nachthemd schlang sich um ihren zierlichen Körper. Sie ging näher an den Spiegel ran und sah sich selber in die Augen. „Wer bist du und was machst du hier eigentlich?“ Stille. Sie wandte das Gesicht ab und ging leise fast schwebend, die alte Holztreppe hinunter Richtung Küche…
Als sie unten ankam sass jemand am Tisch, ganz in der Ecke und nippte still an einem Kaffee. Sie holte sich eine Tasse aus dem Schrank, goss sich Kaffee ein und setzte sich dazu. Beide hoben den Kopf und sahen sich an. Schweigen. Es brauchte keine Worte.
Es lag Trauer in den Augen der beiden Mädchen. Ihre Augen erzählten Geschichten, wenn man im Stande war sie zu lesen. Geschichten von unendlicher Trauer und von zerreisender Wut. Sie hatten so viel erlebt, so verdammt viel. Diese Erlebnisse haben sie reifer gemacht und auch einsam. Aber sie hatten sich, der einzige Halt in ihrem sonst so tristen Dasein…
„Wie geht es dir?“ Ein kurzer Blick der alles verriet. „Ja, bei mir auch. Es sind diese schrecklichen Bilder. Sie lassen mich nicht |
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