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Kurzgeschichten > Alltag

Elf und Eine Nacht RAHMENGESCH. KINDERBUCH

von Silvia Ittensohn >>

Ein Abendessen mit Folgen

Zwei Familien sitzen am runden Tisch. Auf einer Seite die Eltern Wáng mit Sohn Lian und Tochter Feng. Für Familie Wáng ist es der erste Abend bei der Gastfamilie Müller, die ihnen gegenüber sitzt. René schaut neugierig zu Lian. Sie sind beide in einem Alter, wo man gerne spielt und sich auch mal rauft. Sonja ist Renés ältere Schwester. Sie kennt Feng schon eine Weile. René weiss von Lian nicht viel mehr, als dass seine Familie bald in die Schweiz zieht. Bewundernd blickt er zu Lian und meint: „Wow. Du bist um den halben Globus gereist: von Peking bis nach Basel“.

Das Eis ist gebrochen. Neugierig fragen sie sich: „Wie lebt man in Deinem Land?“ Sie suchen nach Worten. Dabei sehen sie das Wandbild. Die Zacken von Bergen. Für Lian sehen sie wie der Rücken eines Drachen aus. René sieht an ihnen Bergsteiger mit Seil und Pickel herumklettern - wie sein Grossvater. Das wäre etwas für Lian!

Die Aufmerksamkeit gehört im Moment aber den älteren Schwestern Feng und Sonja. Ein Schüleraustausch hat sie einst zusammengebracht. Einander sehr nahe gebracht hat sie dann die Leidenschaft für alte Bräuche. So haben sie in den letzten beiden Jahren einen Schatz aus zarten, lustigen und abenteuerlichen Geschichten geborgen. Nun hebt Sonja aus dieser unsichtbaren Truhe den Deckel. Sie erzählt von Knaben, von schweren Schuhen und einer gebirgigen Landschaft. Lian und René blicken wieder auf das Wandbild. Es ist, als ob es sich beim Erzählen bewegt. Als ob sich Sonjas Buben an einem Bergzacken hinaufschlängeln. Auf einer Seite ein tiefer Abgrund. Vor und dahinter ein schmaler Pfad. Bis Nebel auftaucht. Und die Buben in einem grauen Schleier verschwinden. Und das Bild wie nach langem Regen vor Lians und Renés Augen verschwimmt.
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