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Kurzgeschichten > Alltag

EIN LASTWAGEN

von Vismara Rudolf >>

Ein Lastwagen hat auf dem gelb-gestreiften Fussgängerstreifen
nichts zu tun. Grundsätzlich ist das richtig,sofern man damit
einen der üblichen, oft mit "Unterwegs für Sie" Angeschriebenen
meint. Der Lastwagen jedoch, den ich heute Vormittag über den
Fussgängerstreifen rollen sah, war sehr klein, MassStab eins zu
ich-weiss-nicht-wieviel. Kurz und gut, ein Spielzeuglastwagen.
Vielleicht fünfzehn bis zwanzig Zentimeter lang, wogegen ein
anderer Lastwagen in Originalgrösse am Strassenrand stand.
Nicht sehr weit davon weg, in einer Entfernung von dreissig,
vielleicht vierzig Metern.
Der Spielzeuglastwagen fuhr jedoch nicht von alleine auf dem
Fussgängerstreifen, er wurde an einer langen Schnur von einem
kleinen Jungen gezogen, dessen Grösse zu einem erwachsenen
Menschen sich in etwa im selben MassStab verhielt wie sein Lastwagen zu dem, der dort am Strassenrand geparkt war.
Der kleine Mann schritt wacker voran und einige Meter hinter ihm
eine Frau, die wohl seine Mutter war. Wachen Auges übersah sie die Situation, sie war sich bewusst, dass der Fussgänger-streifen keinesfalls mit stählernen Planken geschützt ist und sah den roten Pkw der hinter dem am Strassenrand stehenden Lastwagen hervorschoss, auf den wägelchenziehenden Buben zu.
Sie schrie seinen Namen, laut und schrill: Robert pass uuf ! Es war der Ruf einer Mutter, die ihre Brut verteidigt. Der Kleine sah sich um, ob sie ihm auch folgen könne, er hatte von der Gefahr, die sekundenlang sein kurzes Leben bedrohte, nichts bemerkt.
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