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Drei Sonntage
von Florian Leiffheidt >>
Lange Zeit hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
Normalerweise hatten wir eine Art Gewohnheit oder Ritual, so würden es manche nennen. Jeden Sonntag telefonierten wir miteinander, von vier Uhr bis fünf oder sechs Uhr am Nachmittag.
Da wurde über so manches geredet; Seine Arbeit mit verschiedenen Künstlern, seine Beziehungen zu Frauen, das Befinden seiner Tochter. Ich hörte weitestgehend zu, gab hin und wieder ein Ja oder Nein zu Hören oder fragte nach, wie er diese oder jene Aussage gemeint habe.
Doch bereits vor drei Wochen hatte mein Telefon nicht wie gewohnt geläutet, es blieb stumm. Entgegen unserer Reihenfolge, denn eigentlich wäre er an der Reihe gewesen, nahm ich den Hörer und wählte seine Nummer, eingespeichert in meinem Telefon.
Doch keiner nahm ab.
Es gab keine Antwort. Nur das Freizeichen erklang in meinen Ohren. Ich ließ es vier oder auch fünf Male läuten, doch er antwortete nicht.
Er hatte sicherlich eine wichtige Probe oder einen Termin, den er nicht hatte verschieben können, dachte ich. Und bestimmt hatte er im Stress durch seine Tätigkeit vergessen, mir Bescheid zu geben und das Ritus-Telefonat zu verschieben.
Ich dachte mir nichts dabei. Auch nicht, als am folgenden Sonntag das Telefon immernoch schwieg.
Schließlich am dritten Sonntag läutete mein Telefon. Ich hob den Hörer und wollte ihn schon mit der unbewusst eingeprägten Formel begrüßen, als ich die Stimme seiner Tochter vernahm.
Ich solle schnell zu "seiner Brücke" kommen, so schnell wie möglich, so ihre Worte.
Meine Intuition hat mich nie getäuscht. Und schmerzlich musste ich feststellen, dass sie es auch an jenem dritten Sonntag nicht getan hatte.
Seine Tochter gab mir einen Zettel, der offensichtlich für mich bestimmt war. |
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