Kurzgeschichten > Alltag |
 |
|
Die Wartenden von Bahnsteig 7
von Mario Petitto >>
Während Bahnreisen kommen wir mit vielen Menschen in Kontakt – Tausende, die anonym unsere Wege kreuzen und um deren weiteren Reiseverlauf wir uns kaum kümmern.
Kehren wir jedoch regelmäßig zu denselben Haltestellen zurück, werden uns einige Personen auffallen, die ständig auf der gleichen Bank sitzen und vermeintlich auf ihren Anschluss warten. Bemerkt habe ich diese Wartenden erstmals in meinem Heimatbahnhof auf Bahnsteig 7; ähnliche Gestalten sind aber auch an allen anderen Bahnhöfen und auf allen anderen Bahnsteigen zu finden.
Die Wartenden unterscheiden sich kaum von den üblichen Reisenden. Sie sitzen ruhig da, haben neben sich ihren ordentlich gepackten Reisekoffer stehen und blicken ab und zu auf die Bahnhofsuhr. Nichts scheint sie aus der Ruhe zu bringen; selbst Fahrplanänderungen und annullierte Fahrten nehmen sie wort- und reglos hin.
Der einzige und markante Unterschied zu den anderen Bahnreisenden liegt darin, dass sich die Wartenden, trotz gültiger Fahrkarte, nicht zu einer bestimmten Fahrt entscheiden können. Sie sind sich über ihr Hauptziel nicht sicher, und die beim Warten verstrichene Zeit vergrößert ihre Unentschlossenheit. Aus diesem Grunde hoffen sie heimlich, einen außenstehenden Hinweis zu erhalten, der ihnen angibt, in welche Richtung sie ihre Reise fortsetzen sollen. Die Lautsprecheransagen sind aber oft unverständlich und weisen unmotiviert auf allzu verschiedene Fahrziele hin. Falls aber den Wartenden dann doch ein bestimmter Anschluss zusagen würde, schauen diese verdutzt auf ihre Fahrkarte und fragen sich, ob diese für den gewählten Wegabschnitt gültig sei. Diese Frage quält sie so lange, bis sie, immer noch auf der Bank sitzend, dem |
 |
|
Seite
von 2 |
|
 |
Kommentare (0) |
|