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Telefonnummer (Schrifttyp Arial, Schriftgröße 12 Punkt) bereits zum Preis einer Cola zu haben. Hingegen musste man für polychrome Abbildungen mittelalterlicher Meisterwerke flämischer Maler im rückenfüllenden Format bereit sein, vier Hunderterscheine auf dem Ladentisch liegen zu lassen. Dies war auch die Preisklasse, mit der ich für meinen speziellen Auftrag rechnete. Neben all den Bildvorlagen war dann auch eine wunderschöne antike Vase ausgestellt, welche eine Tätowierszene in minoischer Zeit darstellte, die aber leider unverkäuflich war.
Um etwa 14 Uhr kam ich an die Reihe. Obwohl der Inder schon vor mehreren Monaten von seinem Land hierher gezogen war, war er der deutschen Sprache immer noch nicht mächtig. Erwartungsgemäß sprach er mich in Indoanglikanisch an, was ich aber problemlos verstand, da ich als Elektriker bereits langjährige Erfahrung mit englischsprachigen Betriebsanleitungen von chinesischen Haushaltsartikeln hatte.
„Hello, Mister, wot du iu wont?“
„E tatu!“
„Big or smol?“
„Big, on mei beck. Ei explen …“
Daraufhin erklärte ich mit Wortreichtum und emphatischen Gesten, dass ich mir einen großen fauchenden Drachen mit umschlungenem Körper und rot leuchtenden Augen auf meinem Rücken wünschte. Obwohl der Inder mich dabei staunend anstarrte, führte ich meine detaillierten Ausführungen unbeirrt fort.
„Okäi?“, fragte ich am Schluss.
„Iz not possibel!“
“Ei päi kesch …”, entgegnete ich und griff zur Gesäßtasche, obwohl ich meine Geldbörse in der Jacke verstaut hatte.
„Okäi!“, entgegnete der Inder sofort.
Ich entkleidete meinen Oberkörper und legte mich auf eine der beiden Liegen. Es kitzelte, als der Inder mit einem Fettstift die Konturen der Tätowierung auf meinem Rücken |
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