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anzuschaffen, war ohne Weiteres nobler, da sie dem Wiederaufbau meines ramponierten Selbstbewusstseins diente. Ich wollte endlich unwiderruflich meinen Platz auf dieser Welt markieren; ein Punkt auf der Landkarte sein, welchen man mit Großbuchstaben beschriftet; als achtes lebendes Weltwunder agieren; dem Erdball als dritter Pol dienen!
Mit diesem Hintergrund nahm ich deshalb Anfang meines neunzehnten Sommers einen Termin beim besten Tätowierer der Stadt – oder besser gesagt beim besten, den ich mir leisten konnte. Es war ein Inder, welcher hauptberuflich als Sommelier in einer Kebabbude im Zentrum arbeitete.
Obwohl er das Tätowieren nebenberuflich machte, führte er sein Atelier erstaunlich professionell. So verfügte er über ein Sekretariat, eine Wartezone, eine Kleinküche mit Münzautomaten, eine multimediale Beratungskoje, eine Kundentoilette und einen akustisch gedämpften Behandlungsbereich mit zwei Liegestellen: alles in einem einzigen Kellerraum! Ich fühlte mich fast wie zuhause.
Als ich in sein Studio trat, hatte er bereits einen Kunden. Es war ein älterer Bankangestellter. Dieser hatte auf seine Mittagspause verzichtet, um heimlich seine Sitzung hier beim Tätowierer abzuhalten. Allem Anschein nach war er zum ersten Mal hier, da er nervös mitverfolgte, wie seine lederne Aktentasche tätowiert wurde.
Ich meinerseits wollte mir nicht anmerken lassen, ebenfalls ein Neuling zu sein, und schaute mich in routinierter Gleichgültigkeit ein wenig um. An den Wänden hingen viele Bildvorlagen gängiger Tätowierungen. Die Preise, die unter den jeweiligen Vorlagen angeschrieben waren, variierten stark. So war die einfarbige Tätowierung der eigenen |
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