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Mit wässrigen Augen verließ ich meine Kellerwohnung, um draußen an der nächsten Telefonzelle die russischen Techniker anzurufen. Nach etwa zehn Minuten stieg ich wieder in meine Kellerwohnung herab. Tatjana schwieg.
„Ich habe die Techniker in Moskau benachrichtigt!“
„Danke …“, antwortete sie freundlich aber erschöpft.
Am darauffolgenden Tag, es war ein Sonntag, fuhr ein grauer Lieferwagen mit Diplomatenkennzeichen vor. Drei Männer stiegen aus: zwei mit Latzhosen und einer mit einem langen Ledermantel. Während die Ersteren sich daran machten, mit deutlicher Kraftanstrengung die Waschmaschine aus meiner Kellerwohnung zu hieven, war Letzterer eher darauf bedacht, sich draußen an der Straße mit einer Zigarette an diesem kalten Wintertag aufzuwärmen. Er schien sehr entspannt, fast abwesend, und genoss die Morgenfrische wie ein Sträfling seinen täglichen Hofgang.
„KGB?“, fragte ich naiv und provokativ zugleich.
Dieser lächelte und schüttelte leicht den Kopf.
„Oberst Petrov“, stellte er sich vor, „Militärattaché bei der hiesigen Botschaft.“
Ich machte keine weitere Bemerkung und auch er fügte seiner Antwort nichts hinzu. Beide schauten wir stumm, wie die Waschmaschine langsam von meiner Kellerwohnung auf die Straße gehoben wurde.
„Wie lange wird die Reparatur dauern?“ Insgeheim kannte ich bereits die Antwort.
„Wir werden die Waschmaschine nach Moskau bringen … sie wird aber nicht mehr zurückkommen.“
„Ich habe sie aber teuer bezahlt …“
Der Militärattaché zog aus seiner Manteltasche regungslos ein Bündel Banknoten hervor und gab mir einige Scheine. Genug, damit ich mir eine neue Waschmaschine und er mein Schweigen kaufen konnte.
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