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Holzstuhl, niederlassen.
Sie fand es genial, sie liebte es die Gesichter der Menschen genaustens zu beobachten, analysieren, rätseln und sich Gedanken machen wie der Mensch wohl sein könnte, welche Gesichtszüge typisch und welche Gestiken einfach zum dahin schmelzen waren.
Sie war so vertieft und fasziniert, dass sie zusammenschreckte als ihr Name aufgerufen wurde. Mit zittrigen Knien und schweissigen Händen erhob sie sich von ihrem Stuhl und begab sich zum nächsten. Mit einem knirschenden, knackenden Geräusch liess sie sich nieder. Sie steckte nervös die Hand in ihre Tasche und zog ein zerknittertes Blatt Papier hervor. Sie fürchtete nicht sprechen zu können, ihr Hals fühlte sich trocken an und ihre Stimme hatte wohl reiss aus genommen. Sie räusperte sich. Es war noch nie so still um sie herum gewesen und noch nie waren so viele Augenpaare in einem einzigen Moment auf sie gerichtet. Sie senkte den Blick auf das Papier und liess sich die ersten Worte still durch den Kopf gehen. Dann war sie bereit.
Ohne weiter zu überlegen begann sie zu lesen. Die Worte kamen aus ihrem Bauch, hoch zum Hals und glitten über ihre Lippen, als hätte sie noch nie in ihrem Leben etwas anderes getan. Sie spürte die Bewunderung der Leute die sie umgaben, sie spürte ihre eigene Hingabe, wie sie es liebte, wie sie es wollte. Es war ihr Element und es war dieser Augenblick in dem es ihr unmissverständlich klar wurde, in diesem Moment wusste sie es, sie wusste, dass sie genau das tun wollte, immer, ihr Leben lang.
22. September 2008 |
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