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Die fremde Frau
von broken poetry >>
Ich musterte die Frau vor mir, während sie mich so überschwänglich begrüsste und fragte mich, woher ich sie kennen sollte. „Das ist ja schön, dass ich dich wieder einmal sehe“, sagte sie und hielt noch immer meine Hand. Ich überlegte und überlegte, aber mir wollte einfach nicht einfallen, wer sie war. „Freut mich auch“, gab ich zur Antwort und hoffte insgeheim, dass die Frau weitergehen würde. Sie liess zwar meine Hand los, blieb aber vor mir stehen. „Früher hattest du doch deine Haare viel länger“, stellte sie fest und griff mit ihren Fingern nach einer Strähne, die über mein Gesicht fiel. Ich wäre gerne einen Schritt zurück getreten, da ich mich nicht von einer fremden Frau anfassen wollte. Da ich aber meine Haare früher wirklich länger trug, musste ich sie also doch kennen. „Ich muss leider weiter“, sagte ich mit einem gespielten traurigen Gesicht. Sie nahm erneut meine Hand und schüttelte sie übertrieben stark. „Schade, aber vielleicht können wir uns mal zu einem Kaffee treffen“, es war keine Frage ihrerseits, also reagierte ich nicht. „Vielleicht nächste Woche?“ und diesmal war es eindeutig eine Frage. Ich zögerte einen Moment, denn ich musste mir noch eine passende negative Antwort einfallen lassen. „Du siehst wirklich gut aus“, redete sie weiter, ohne die von mir zurecht gelegte Antwort abzuwarten. „Danke, du aber auch“, erwiderte ich schnell. Ich kannte sie zwar nicht, aber unhöflich wollte ich auch nicht sein. „Ja, ich habe eine ganze Menge abgenommen, seit der Schulzeit“, erklärte sie und fuhr mit ihren Händen über ihre Hüfte. Endlich hatte sie mir einen Hinweis gegeben. Ich beäugte sie noch schärfer, aber sie passte in keine Bilder meiner Schulzeit. Ich entschied mich das Spiel mitzuspielen: „Das sieht man wirklich“. |
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