Kurzgeschichten > Alltag |
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hätte ich gerne mal gesehen, jenes Sternbild am Himmel der südlichen Erdhalbkugel.
Ähnliche Gedanken hatte Kalle schon öfters in seinem Leben. Immer im Herbst, wenn Flüsse dampften. Wenn die Konturen der Umwelt vor seinen Augen unscharf wurden. Wenn sich im Nebel Kontraste auflösten. Wenn er, ständig vom Regen durchnässt, darum betete, seine Verzweiflung möge sich in Hoffnung verwandeln. Dann spürte er nur immer das alte und bekannte Gefühl in sich: Traurigkeit! Im Gegensatz zu früher wollte dieses Gefühl eines Tages aber nicht mehr von Kalle weichen. Muss ich bald von dieser Erde gehen ...? Aber doch nicht schon mit fünfzig!
Und so hob er an diesem runden Geburtstag wieder die Rotweinflasche an seine trockenen und rissigen Lippen. Trank so gierig, dass der Wein wie Blut auf seine schmerzende Brust tropfte. Dabei war ihm, als wenn sich eine riesige Wunde auftäte, aus der sich sein Leben herausstemmte.
Soll es doch verschwinden, das Leben, wenn es nicht mehr bei mir bleiben will. Aber vielleicht habe ich nach meinem Abgang, heute, morgen oder übermorgen, doch noch Glück. Würde dann in den Gedanken der Zurückgebliebenen gesellschaftlich aufsteigen. Erblasser sein, durch den letzten Fünfeuroschein, den ich auf jeden Fall in meinem alten, speckigen Lederhut zurücklassen werde.
© 03.09.2006 joLepies
28. Januar 2008 |
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