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durch Materie besiegt werden konnte. Ich sackte in eine tiefe Identitätskrise und versuchte, mit Antidepressiva wenigstens meinen Verstand aufrechtzuerhalten. Zwei Wochen lang löste ich die Spinattafeln zusammen mit den Vitaminen und den Psychopharmaka im Becken auf – dann kam der endgültige Zusammenbruch. Meine Mutter fand mich bei ihrem samstäglichen Besuch bewusstlos vor der Sanitärnische wieder.
Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war. Als ich aufwachte, fand ich mich in meinem Bett wieder. Meine Mutter saß am Fußende und lächelte mich gütig an. Während sie mir eine Tasse warmer Brühe reichte, schaute ich mich um. Das Zimmer war aufgeräumt, die Kochstelle und die Waschnische strahlten blitzblank.
„Hast du aufgeräumt?“
„Natürlich. In diesem Saustall konnte man ja nicht wohnen. Kein Wunder, dass du erkrankt bist.“
„Du hättest dir nicht so viel Mühe machen sollen.“
„Mit dieser kleinen Wohnung brauchte ich nicht lange. Nur die Sache mit dem Spiegel gab mir zu schaffen.“
„Was war mit dem Spiegel?“
„Ein weißer, hartnäckiger Fleck. Genau in der Mitte des Spiegels. Bestimmt ein Spritzer von deiner Betondent-Zahnpasta. Hast du den Fleck nie bemerkt?“
9. Januar 2009 |
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