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Das Krisenjahr
von Mario Petitto >>
Ich weiß noch, wie ich damals, kurz nachdem ich von zuhause ausgezogen war und meine erste Kellerwohnung hatte, in arge finanzielle Not geriet.
Damals hatte ich leichtsinnig einen Küchenmixer auf Raten gekauft und war so in die berühmt-berüchtigte Schuldenfalle geraten. Gleichzeitig befand sich just in diesem Jahr das Weltwirtschaftssystem in einem Tief, nachdem sich die Grossbanken aus Übersee ihr eigenes Grab geschaufelt hatten. Ganz zu schweigen dann von den erhöhten Gesundheitskosten, die mich ganz krank machten.
All meine Hoffnungen ruhten damals auf dem 13. Monatslohn und der jährlichen Lohnerhöhung, die mein Arbeitgeber, die städtischen Verkehrsbetriebe, Sparte Untergrundbahn, seinen Angestellten Jahr für Jahr gewährte.
Bis auf dieses Jahr.
Denn damals hatten die Verkehrsbetriebe neues Rollmaterial angeschafft, welches unter Tage zwar mehr Fahrgäste, unter dem Strich aber nicht mehr Gewinn einfuhr. Mit dem Lohnschreiben vom Dezember teilte uns die Geschäftsleitung deshalb mit, dass aufgrund der besonderen finanziellen Situation sowohl auf den 13. Monatslohn als auch auf jegliche Lohnerhöhung verzichtet werden musste. Des Weiteren forderte sie uns auf, bereit zu sein, weitere Opfer für die Arbeitsplatzerhaltung zu erbringen, und fügte dem Brief einen Einzahlungsschein zugunsten der angeschlagenen städtischen Verkehrsbetriebe bei.
Für mich war das ein harter Schlag, und in der Not musste ich meinen Küchenmixer verpfänden, um damit die letzte Rate begleichen zu können.
Bis zur nächsten, hypothetischen Lohnerhöhung ging es noch ein ganzes Jahr. Ich begriff schnell, dass ich meine Überlebensstrategie auf zwei Pfeiler abstützen musste: Zum einen brauchte ich mehr Einkommen, zum anderen musste |
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