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Ich gab sicher ein kurioses Bild ab, als ich im Sonntagsanzug, mit der Standuhr auf einer Schubkarre (die ich mir von einer am Bahnhof nahe gelegenen Baustelle ungefragt ausgeborgt hatte) und mit dem Brief meiner Mutter in der Hand, nach der „trattoria di cosa nostra“ fragte. Die Passanten schauten mich verdutzt an. Als ich jedoch hinzufügte, dass ich wegen der Hochzeit da war, zeigten sie mir freundlich den Weg zum Gasthof.
Als ich ankam, war ich überwältigt. Italienische Hochzeiten weichen in ihrer Größenordnung nur wenig von Staatsbegräbnissen ab. Es waren Hunderte von Gästen anwesend. Ich richtete meine Krawatte, wischte mir den Staub vom Anzug und deponierte meine Standuhr bei den anderen Hochzeitsgeschenken. Dann nahm ich an einem freien Platz am Hochzeitsbankett teil.
Es war ein richtiges Festmahl. Ich hatte bisher noch nie an einem siebengängigen Essen teilgenommen. Optisch und kulinarisch allererste Sahne! Hier stimmten Quantität und Qualität. Und dann erst der Wein! Wer einmal diesen Wein gekostet hat, wird Wasser nur noch zum Duschen benützen. Ich fühlte mich wie ein richtiger Italiener. Bis zirka 15 Uhr.
Um sich vor dem Hochzeitskuchen und dem Kaffee etwas die Füße zu vertreten, gingen alle Gäste am Tisch des Brautpaars vorbei, um ihm alles Gute, viele Kinder und andere Formalitäten zu wünschen. Ich passte mich diesem Ritual an, doch als ich an der Reihe war und mich als entfernten Verwandten aus dem Land der Kuckucksuhren vorstellte, schauten sie mich ungläubig an. Aus dem Land der Kuckucksuhren? Doch, doch; genau von dort. Und um dies zu unterstreichen, zeigte ich ihnen meinen Reisepass. Als mir das Brautpaar dann auch seine Papiere vorlegte, |
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