Kurzgeschichten > Alltag |
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Büstenhalter und Höschen flögen ihm auch so zu.
Nur noch wenige Sekunden, und er wird dicht vor mir stehen. Psychiatrisch aufgeregt werde ich bestimmt nicht sein. Und statt Büstenhalter und Höschen nach ihm zu werfen, werde ich mich fest an ihn drücken, so er mich in die Arme nimmt.
Gleich werden wir unseren Atem spüren. Aber was ist das? Hat er sich am rechten Fuß verletzt? Irgendwie bewegt er sich anders, als bei unserem letzten Treffen. Jetzt hat er mich endlich erreicht, bleibt dicht von mir stehen. Irgendwas ist anders an ihm. Sein Gesicht ...? Seine Geruch ...? Gibt es das auch, das ein Mann nicht mehr der alte ist, sondern plötzlich verfremdet aussieht?
Warum spricht er nicht? Und warum ich auch nicht? Und weshalb tritt er nicht ganz dicht an mich heran, nimmt mich in die Arme. Vielleicht sollte ich auf ihn zugehen? Doch schon nach dem zweiten Treffen ...?
Was soll der Zettel, den er mir jetzt hinhält? Ich kann lesen und doch nicht. Aber dann wieder. Dann bin ich ja jetzt eine „Witwe“. Warum müssen Menschen oft so jung sterben? Dann ist der Mann vor mir nicht er, sondern sein Zwillingsbruder. Der Stumme.
Sie steht nach wie vor auf dem Weg und blickt in die noch tiefer gesunkene kalte Abendsonne. |
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