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Ausgebrannt!
von Mario Petitto >>
Mühsam richtete ich meine Augen zur Decke. Die untergehende Sonne schien durch das einzige Fenster meiner Einzimmerwohnung und ließ diese rot aufleuchten. Durch Zuhilfenahme aller meiner Kräfte wandte ich mich meinem Digitalwecker zu. Üblicherweise wäre ich zu dieser Zeit aufgestanden, um meinen Nachtdienst als Streckengänger bei der hiesigen U-Bahn aufzunehmen. Üblicherweise. Denn seit vier Tagen rührte ich mich nicht vom Bett.
Mir taten alle Knochen und Muskeln weh, selbst diejenigen, deren Existenz ich bis heute ignoriert hatte. Und im Kopf rauschte ein unsagbarer Sturm. Ganz zu schweigen vom Herzpochen, das durch jede kleinste Bewegung verursacht wurde und im Schädel wie ein Trommelfeuer donnerte. Mir war elend zumute.
Es war Sommer. Die meisten meiner Arbeitskollegen waren im Urlaub. Dadurch lastete auf denjenigen, die zu einem anderen Zeitpunkt ihre Ferien bezogen hatten, ein riesiges Arbeitssoll. Ich war einer dieser Unglücklichen. Nicht dass ich meine Arbeit nicht mochte. Ich hatte das unsagbare Glück, meinen Traumberuf auszuüben. Doch selbst für mich war ein drei Wochen dauernder Arbeitseinsatz ohne Ruhetage zu viel des Guten. Oder waren es sogar vier Wochen? Wer tagein, tagaus die dunklen U-Bahn-Gedärme durchschreitet, verliert schnell den Bezug zur Zeit – und vielleicht auch zur Realität.
Darum entschloss ich mich eines Tages, im Bett zu bleiben. Demonstrativ. Keiner meiner Vorgesetzten hatte sich bis jetzt für meinen außerordentlichen Arbeitseinsatz bedankt. Darum war ich neugierig, ob sie jetzt, bei meiner Abwesenheit, sich meiner erinnerten. So blieb ich vier Tage lang im Bett. Doch der lang ersehnte Telefonanruf kam nicht. Ich wurde selbst hier zuhause ignoriert! |
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