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Ambroz und Valon
von Marc P Sahli >>
Im Blick lese ich vom kriminellen Kosovaren Ambroz B., der bettelt „bitte nicht nach Kosovo ausschaffen“. Auf die Frage, warum er sich keine Arbeit suchte, meinte er: „....weil ich getrunken und gekifft habe, dann konnte ich morgens nicht aufstehen.“ Solche Aussagen machen jeden rechtschaffenen Bürger wütend. Mich auch, und ich wohne in Kosovo. Eine kleine Geschichte: in der Stadt Pristina begegne ich Valon, einem extravertierterm, etwas exaltiertern Jungen von 17 Jahren, hochgeschossen und schlacksig. Am seinem rechten Arm baumelt ein Korb voll mit Zuckeräpfeln, die er für 50 Cents pro Stück verkauft, jeder mit einem wohl selbst zurechtgestutzten Holzstängel. Valon parlierte mit mir zuerst in Serbisch, dann in Englisch auf eine etwas überdrehte, fröhliche Art über seine Zuckerapfelproduktion. Ich erfuhr, dass er dies von Kindesbeinen an tue mit seiner Schwester. Schulen habe er offenbar nicht besucht, musste er doch Geld verdienen, um die behinderten Eltern durchzubringen. Er bettelt nicht, er stellt etwas mit Stoz her, das er nicht minder selbstbewusst auf der Strasse als fliegender Händler verkauft. Kosovo, oder das Leben ist das, was man daraus macht, für manche Staaten eine Übungsfeld-Kolonie sicher, aber nichts ist unmöglich hier. Valon hat seinen bescheidenen Weg gefunden, Ambroz hingegen nicht.
18. November 2012 |
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